Digitale Lernprozesse – Das kann doch nicht so schwer sein.

Vorgestern habe ich gebloggt, das hier:

https://www.roewi.de/2020/11/08/schule-heute-wie-damals/


Nun bin ich gefragt worden (zu Recht) was die Schulen denn nun machen sollen. Anprangern sei das Eine, aber wie schaut es mit konkreten Lösungen aus ?

Mein Vater hat immer gesagt : “ der ´kann nicht´wohnt im selben Haus wie der ´will nicht´“ – denn so kommt es einem im Moment vor. Ich verstehe völlig, daß die Schulen mit dem Entwickeln eines „Distanzschooling-Konzeptes“ völlig überfordert sind, denn da liegt nicht die Expertise dieses Elefanten, der sich in den letzten 30 Jahren kaum modernisiert hat. Auch hier geht die Kritik nicht an die Schulen, das Problem liegt in der zuständigen Politik und in dort nicht vorhandener Sachkenntnis und Medienkompetenz.
Ich habe versucht in meinem Heimatkreis die Diskussion über die Endgeräteauswahl anzustossen, der Antrag war anderen Abgeordneten „zu technisch“. Wir brauchen also technische Lösungen für Probleme, die aber bitte nicht zu technisch sind. Schaffen wir eben iPads an bevor wir die zu digitalisierenden Prozesse festlegen und bringen damit die Schulen in eine unmögliche Situation.
Aber zurück zum Lösungsansatz:

1.) Kommunikation
Meine Schule hat MS Teams gekauft, wovon man aus Datenschutzsicht Zweifel haben kann, aber sie HABEN nun mal so ein System. Das ist grossartig. Das bedeutet, Lehrer können mit Schülern kommunizieren, Dokumente austauschen, Aufgaben können zugewiesen werden. Das ist gut, denn es ersetzt den alten „digitalen“ (hust!) Prozess:

1) Lehrer scannt Dokument
2) Email des Dokuments an Eltern
3) Eltern Drucken
4) Schüler füllt aus
5) Eltern scannen
6) Eltern emailen an Lehrer

Das ist jetzt:

1) Lehrer stellt in MSTeams bereit
2) Manchmal: Druck
3) Schüler bearbeitet
4) Manchmal: Schüler macht Foto
5) Schüler lädt Ergebnis in MSTeams hoch

Also das ist schon ein Schritt weiter, das System hat aber Schwächen:

1) Passwortverwaltung liegt bei Lehrern
2) keine Einsicht für Eltern

Schüler können heute Passwörter! Und ja, es wird passieren, daß Passwörter vergessen werden und nicht funktionieren, aber was gar nicht geht, ist die Einsicht von Lehrern in Schülerchats – dabei auch die Empfehlung der Schule, Eltern sollten doch den Login des Kindes verwenden. So funktionieren digitale Prozesse nicht. Benötigt wird ein Zugang für Eltern zu Teams, wo z.B. Elternbeiratsarbeit ebenfalls geleistet werden kann, so wie auch die digitale Kommunikation mit Lehrern. Email ist hier einfach unpraktisch. Zudem brauchen die Kinder Vertraulichkeit in ihren Accounts und Kontrolle über ihre Zugangsdaten. Password Self service ist nötig bei Vertraulichkeit des Passworts. Ich habe letztes Jahr im Zuge der Projektwoche ein Datenschutz-Training für die Schüler gehalten, da waren Passwörter ein grosses Thema – nun kann es nur durch Lehrer gesetzt und geändert werden. WTF?

So, wir haben also eine Plattform (wie auch immer die heissen mag, MS Teams oder ein LMS (learning management system), Kommunikation ist also soweit gesichert.

Jetzt trainieren wir die Lehrer im Umgang damit. Ich habe viel Zeit darauf verwendet, jemanden in meinem Bekanntenkreis im Umgang mit Zoom zu unterstützen. Sie kann nun BreakOut Sessions initiieren, Whiteboards und den Chat nutzen, hat die erweiterten Kamerafunktionen nicht nur verstanden, sondern damit ist nun richtig gutes Training von Gruppen möglich. Das ist das Werkzeug, daß Lehrer brauchen, zusammen mit dem Willen, die pädagogischen Aspekte der Ausbildung mit umzusetzen. Und das wird an Tag1 schwieriger sein als an Tag30. Es geht.
Seit vielen Jahren bilde ich mich online weiter. Microsoft Zertifizierungen, iOS Programmierungen, SCRUM etc, sind alles Methodiken die sich gut digital vermitteln lassen.

Das interessante ist: Würde der Mathelehrer die Stunde über „das Dividieren von einfachen Brüchen“ mehrfach aufzeichnen und dann die beste Version online zur Verfügung stellen, dann müßte er die Stunde nie mehr halten und könnte sich auf die Schüler konzentrieren, die besondere Hilfestellung brauchen. Damit geht aber die Angst einher, daß diese digitale Unterrichtseinheit den Lehrer irgendwann ersetzt. Hinweis: Wenn der Lehrer den content nicht produziert, dann tut es jemand anders. Das jährliche Wiederholen derselben Tätigkeit ist nicht mehr zeitgemäß und wird von Automatisierung abgelöst werden. Lehrer können nun entscheiden, diesen Prozess aktiv zu unterstützen und zu formen. Wenn Sie es nicht tun, dann tut es die Privatwirtschaft, ohne Mitwirkung eines Lehrkörpers.

Aber wir waren bei Werkzeugen und Prozessen.
Wir haben also den lockdown genutzt, und die Lehrer im Umgang mit Digitalen Werkzeugen geschult. Whats next ?
Der Kreis DaDi fusst seine Entscheidung für iPads auf den 50% Bildungsrabatt im Apple AppStore. Das läßt also davon ausgehen, daß da Geld für Software ausgegeben werden soll. Meiner Erfahrung nach sind die mobilen Versionen von Software wie MS Office, Moodle, Blackboard, etc. Für gewöhnlich kostenfreie ind an ein Abonnement gebunden, das üblicherweise ausserhalb des Stores mit dem Vertreiber geschlossen wird. Aber vielleicht übersehe ich die 5 Euro teure BIO App, die dann für 2,50 angeschafft werden kann.
(Viel wichtiger wären die PDF Versionen von Schulbüchern, damit die Schlepperei der Bücher endlich aufhört)

Also wir schaffen noch Klassensatzweise Apps an, z.B. um Pflanzen mit der Kamera identifizieren zur können. Haben wir die App, schicken wir die Kinder nach draussen und lassen sie per Auftrag Daten einsammeln. Screenshots in Word und ein bisschen Text, das ganze hochgeladen und benotet. Digitaler Prozess fertig.

Online Lernen in der Konferenz

Für das Abhalten von Prüfungen gibt es passende Software, leider nicht im AppStore (bye bye 50% discount) aber es gibt sie, man muss es nur WOLLEN und die Kompetenz im Hause – bzw. Kultusministerium- haben, um solche Lösungen zu evaluieren und einzusetzen. Hier sind wir wieder bei KANN NICHT und WILL NICHT.
Aber wehe, wir WOLLEN eine Autobahn……

Nochmal zusammengefasst:

1) Digitale Prozesse definieren
2) Lehrer im Umgang mit Hardware und Software schulen – und zwar richtig.
3) Lehrer Unterrichtsmaterial erstellen lassen, sei es Digitale Formulare, Online Prüfungen etc.
4) Eltern einbinden, mitschulen wenn nötig.
5) Überrascht sein, wie selbstverständlich die Kinder damit umgehen
6) freigewordene Zeit auf Seiten der Lehrerschaft für Kinder verwenden, die besondere Hilfestellung benötigen.
7) Transparenz herstellen

Und nun, das Perfekte System gibt es nicht, man muss sich darauf einlassen wollen und daran entwickeln und verbessern, dazupacken und wegnehmen, bis der Schuh passt. Auf Socken stehenbleiben hat noch keinem zum Erfolg geholfen.

Der Aufruf geht, wie initial beschrieben weniger an die Schulleitungen, mehr an die verantwortliche Politik, die sich immer wieder versucht mit „kann nicht“ aus der Affäre zu ziehen. Wenden Sie sich Spezialisten zu die für sichere, stabile Lernsyteme lernen können. Sie bauen ja heute auch eine Autobahn, OBWOHL darauf Unfälle passieren können. Das perfekte System Out-Of-The-Box gibt es nicht, fangen sie an, eines zusammenzubauen.

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